Brigitte Hutt - IT-Beraterin und Autorin

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Wie berechnet sich das Leben?

Non scholae sed vitae discimus. In veritate? *

Wie viele Schülerinnen und Schüler haben das Gymnasium aufgegeben, weil sie sich mit quadratischen Gleichungen und deren Sinn in ihrem Leben nicht anfreunden konnten? Wie viele Schülerinnen und Schüler sind dadurch besser in ihrem Leben angekommen, dass sie Goethes Faust studiert haben? Und wie viele Schülerinnen und Schüler stecken in einer, in ihrer! Filterblase fest und merken es nicht?

Lehrkräfte, Verantwortliche in Politik und Kultur, lest die Zeichen der Zeit. Lest sie nicht nur, vermittelt sie, denn dafür brauchen wir die Schule. Lehrt die jungen Menschen Medienkompetenz, denn es ist schon fast zu spät dafür. Schon die jetzige Elterngeneration hat sich diese Kompetenz mühsam selbst aneignen müssen, ist mit Goethe und x2 gefüttert und mit Informations- und Meinungsflut und dem Treffen eigener Entscheidungen allein gelassen worden.

Versteht mich nicht falsch: Ich bin gern zur Schule gegangen, habe viel Spaß an mathematischem Tüfteln und Studieren alter Literatur gefunden, aber das Leben, das haben mich diese Fächer nicht gelehrt. Nicht die Solidarität, nicht das Zusammenfinden und Zusammenhalten, nicht das Pflegen von Bindungen über alle Hindernisse hinweg, nicht den Umgang mit Heimtücke und Konkurrenzdenken, nicht das Aushalten von Kälte und Einsamkeit - und nicht das Einstehen für meine Meinung, wenn alle um mich herum die Dinge ganz anders sehen. Nicht die Zivilcourage, nicht den aufrechten Gang. Nicht das Misstrauen gegenüber Meinungen, die als Informationen verkauft werden. Nicht die Macht der Medien zu hinterfragen.

Wenn der Status Quo dergestalt ist, dass wir für das Leben erst lernen, wenn wir die Schule hinter uns gebracht haben, dann wird es Zeit, die Lehrpläne so zu entrümpeln, dass für dieses "zweite" Lernen schon früher Raum zur Verfügung steht. Nicht Elite sollten die Schulen heranbilden, sondern Menschen, lebenstüchtige, soziale, verantwortungsbewusste Menschen. Menschen, die Kriege verhindern anstatt Waffen zu entwickeln, Menschen, die für mehr Miteinander auftreten können statt für die eigene Karriere. Dann haben wir eine kleine Chance, die Herausforderungen der Zukunft besser zu bewältigen, als das derzeit der Fall ist.


* Der Satz, mit dem unsere Lehrer uns gefüttert haben: Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir.
  Und meine Ergänzung: Wahrhaftig?


© Brigitte Hutt 2020

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